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Unfruchtbarkeit nach Tetanus-Impfung?

The nurse depicted in this 2006 photograph, was in the process of administering an intramuscular vaccination in the left shoulder of a young girl. The nurse was pinching the overlying shoulder skin, in order to immobilize the injection site.
Bildquelle: CDC auf unsplash.com

Beim Googeln bin ich auf zwei Theorien über Unfruchtbarkeit durch Tetanus-Impfung gestoßen. Auf den ersten Blick klingen die Behauptungen für den medizinischen Laien plausibel. Also machen wir den Faktencheck! Zuerst analysieren wir die Theorie auf einer deutschsprachigen Internetseite.

Behauptung

Sterilisationsprojekte getarnt als Schutzimpfungen

 

Der verwendete Impfstoff soll laut Aussagen von Whistleblowern ein Peptidhormon mit dem Namen hCG, das sich während der Schwangerschaft in der menschlichen Plazenta bildet, enthalten. (…)

Wird dieses Hormon einer nicht schwangeren Frau in Kombination mit dem tetanischen Toxoid in der Impfung verabreicht, produziert der Körper zwar Antikörper gegen Tetanus - aber eben auch gegen das Schwangerschaftshormon und macht die Frau somit unfruchtbar. (…)

 

Zum Beweis für die Anreicherung des Impfstoffes mit dem Hormon wurden Blutproben geimpfter Frauen vorgelegt, die das „Schwangerschaftshormon“ enthielten, obwohl die Frauen gar nicht schwanger waren.

 

Es ist jedoch physikalisch nicht möglich, dass sich das Hormon hCG im Körper bildet, ohne dass eine Schwangerschaft vorliegt. Das bedeutet: Es musste über einen Träger von außen injiziert worden sein.

 

Quelle:

https://www.regenbogenkreis.de/impfen/sterilisationsprojekte-getarnt-als-schutzimpfungen

Abgerufen am 25.07.2021

Fakten

Bei Männern und nicht schwangeren Frauen beträgt der Normalwert der hCG-Konzentration im Blut bis zu 5 mIU/mL.

Während einer Schwangerschaft steigt der Wert stark an. Typisch sind Konzentrationen über 100.000 mIU/mL.

Eine hohe Konzentration von hCG wird daher als Schwangerschaftsnachweis verwendet.

 

IU = International Unit: Eine Messgröße für biologisch aktive Stoffe.

mIU = Milli-IU

mL = Milli-Liter

 

Diese Fakten können in Wikipedia oder in einem guten Biologie- bzw. Medizinbuch überprüft werden.

Bewertung

Bei Frauen und Männern ist hCG ein natürlich vorkommendes Hormon und im Blut nachweisbar.

 

Die Aussage ist daher falsch:

„Es ist jedoch physikalisch nicht möglich, dass sich das Hormon hCG im Körper bildet, ohne dass eine Schwangerschaft vorliegt.“

 

Richtig ist:

Jeder Mensch bildet das Hormon hCG in seinem Körper. Allerdings steigt die Konzentration während einer Schwangerschaft stark an.

 

Die Schlussfolgerung ist ebenso falsch:

„Es musste über einen Träger von außen injiziert worden sein.“

 

Das Ergebnis des Faktenchecks: Die Behauptung ist nachweisbar falsch!

Eine andere Theorie

Zum "Aufwärmen" des Gehirns war diese Variante der Verschwörungstheorie ja ganz nett. Aber jetzt wird es richtig wissenschaftlich. Die zweite Theorie ist sogar in einem Online Journal veröffentlicht:

HCG Found in WHO Tetanus Vaccine in Kenya Raises Concern in the Developing World

Was steht in dieser "wissenschaftlichen" Veröffentlichung?

Der Hauptautor ist John Oller, PhD in General Linguistics, also ein Sprachwissenschaftler. In dieser Veröffentlichung werden verschiedene Indizien genannt. Die zentrale Aussage wird jedoch auf Laborproben von Impfstoffen aufgebaut. Sechs Proben des Tetanus-Impfstoffes aus Kenia wurden in verschiedenen Laboren getestet.

 

Die beauftragten Labore wussten nicht, dass es sich um Impfstoffproben handelt. Sie waren nur beauftragt einen Standard-Test auf hCG durchzuführen. In anderen Worten: Die Labore machten einen Schwangerschaftstest mit diesen Proben.

 

Zentrales Indiz der Beweiskette ist das Ergebnis einer ELISA Testreihe:

ELISA Test Ergebnisse

Was ist ELISA?

ELISA steht für Enzyme-linked Immunosorbent Assay und bezeichnet ein antikörperbasiertes Nachweisverfahren. ELISA ist also ein Verfahren mit dem Labore biochemische Stoffe nachweisen.

 

Einige „technische Daten“ eines solchen Tests für hCG:

- Die analytische Sensitivität beträgt < 5 mIU/mL.

- Der Messbereich des Testes liegt zwischen 5 – 1000 mIU/mL.

- Als Probe soll Blut (Serum oder Plasma) verwendet werden.

 

Die Quelle dieser Daten ist eine Bedienungsanleitung eines ELISA Tests für hCG, abgerufen am 25.07.2021.

 

Was bedeuten diese Daten?

Ergebnisse kleiner 5 mIU/mL sind nicht aussagekräftig. (Bei einer Schwangerschaft interessieren nur sehr hohe Werte).

Der Test wurde für Blutproben entwickelt, nicht für Impfstoffe.

 

Mit Ausnahme der Ergebnisse von PathCare (dritte Spalte in der Tabelle) sind alle anderen kleiner als die Nachweisgrenze von 5 mIU/mL. Es gibt keine Probe, die bei allen Laboren zum identischen Ergebnis geführt hat! Es handelt sich um zufällige Werte, weil der Test unterhalb der Nachweisgrenze durchgeführt wurde. Außerdem ist der Test möglicherweise gar nicht für Impfstoffe geeignet, sondern nur für Blutproben.

 

Zu den Ergebnissen von PathCare schreibt sogar der Autor der Studie selbst, dass deren Test nicht empfindlich genug war.

Bewertung

Die Messergebnisse in dieser Veröffentlichung legen den Verdacht nahe, dass es sich um Messfehler handelt.

 

Aber einmal angenommen, die Messwerte wären real: Die gemessene Konzentration an hCG ist kleiner als die natürlich im Körper vorkommende Menge. Was würde die Impfung einer Substanz bewirken, die sowieso schon im Körper in einer höheren Konzentration vorhanden ist?

 

Oder anders ausgedrückt: Wenn angeblich beim Zusammentreffen vom Tetanus-Impfstoff und hCG der (weibliche) Körper Antikörper gegen hCG bildet, dann müssten weltweit alle gegen Tetanus geimpften Frauen unfruchtbar sein.

 

Das Ergebnis des Faktenchecks: Es handelt sich hier um Fehlinterpretation von Messergebnissen.

Druckstoß Andreas Ismaier

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Letzte Aktualisierung:

27.12.2023